Samstag, 31. Mai 2014

In die Dämmernis

sie hütet und hortet den schmerz
es ist ihr letztes funktionierendes werkzeug
mit dem sie an ihrem leben feilt
an manchen tagen legt die finsternis
einen nagenden schatten über die herzwand
an manchen anderen tagen leuchten erinnerungen
verdrängen die flecken der gegenwart
sie folgt den diagnosen wenn es ihr hilft
und erfindet ihren schmerz neu
sät ihn in den härter werdenden boden
er bleibt wie ein echo das klingt
obwohl es niemand in gang gesetzt hat
dann verschattet der blick
die lider flackern in einer anderen zeit
und die spuren gehen in die dämmernis



Hermann Josef Schmitz


Donnerstag, 29. Mai 2014

Durch das ganze Jahr

ich werde die namen
erst am tag danach lernen
wenn ich weiß wie die luft schmeckt
wenn ich das muster der ersten stunden angefasst habe
werde ich deinen namen
durch das ganze jahr tragen
wie einen stillen schrein



Hermann Josef Schmitz

Dienstag, 27. Mai 2014

Stiller Tag

herztöne sammeln
das muster einer weißen pfingstrose atmen
buchstaben in reihen pflanzen
die wildheit der gräser bestaunen
sowie die schatten des staffelfluges
deinem verwickelten gedanken in der ferne folgen
hinter dem blauglas ein quartier einrichten
für verloren geglaubte erinnerungen



Hermann Josef Schmitz



Sonntag, 25. Mai 2014

Regenstrophe

dieser klang gefallenen regens
der auch am nächsten tag
auf den wilden gräsern
aus durchscheindendem grün ruht
diese schimmernde strophe



Hermann Josef Schmitz




Ein schönes Gesamtkunstwerk, dessen Titel bereits verführt:



Freitag, 23. Mai 2014

Bis dass der Schatten bricht

und wenn es mir das herz verfinstert
dann nimmst du dir ganz unverschnürt
aus gegenlicht den leiseschönen augenblick
und wenn an einer stelle regen fällt
dann ziehst du eine weiße flagge auf
bis dass der schatten bricht
und meines morgens grau ein blauer lichtstoff wird
der ohne wenn und aber meine seele nährt



Hermann Josef Schmitz




Auf ein schattenloses Wochenende, auch wenn das ein kühner Wunsch ist.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Glück

dieses flüchtige verlangen
diese leichtigkeit
und zugleich diese schwere
darin dieser luzide moment
in dem alles verfällt
was sich wesentlich nennt
und unwesentlich wird
dieses anhalten mit dir
auf dem berg des verlangens
dieser unstillbare hunger
diese wiederkehrende freude daran
das leben zu feiern mit dir



Hermann Josef Schmitz

Montag, 19. Mai 2014

Lichtdrucker

da schreibt einer worte
und ein anderer
druckt sie auf licht



Hermann Josef Schmitz

Samstag, 17. Mai 2014

Wortlose Nächte

es braucht keine worte
für die stillen nächte
nur sterne aus klarem gestein
und einen hafen
mit unbegrenzter liegezeit
mit festem tau
und dem wissen
um diesen sicheren hafen
an dessen ufern
auch die starken wellen
um heimat bitten
es braucht keine worte
in den stillen nächten



Hermann Josef Schmitz

Mittwoch, 14. Mai 2014

Geöffnet

in diesen tag schmiegen
wenn er nachts seine läden öffnet
ein ganzes jahr türen aufziehen und gespannt
wie hungrig bleiben nach dem vertrauten
genauso wie sich einlassen auf überraschungen
am liebsten immer wieder eingehüllt
in diesen kontrast zwischen flieder und raps
am liebsten verführt
von den unerkannten zeilen
und der wendung
hinter der du mich überraschst



Hermann Josef Schmitz

Dienstag, 13. Mai 2014

Erste Nächte

immer und immer wieder
mögen die nächte erste nächte bleiben
dein feuer zwischen gehen und kommen
die nahtstelle die die dunkelheit betört
bis zur nächsten ersten nacht
will ich in den lichtgängen bleiben
im gepäck des kommenden tages
dein lachen zwischen den grünen mustern
deine hand mitten auf dem herz
die aus deinen augen flatternde sehnsucht
immer und immer wieder
mögen die nächte erste nächte bleiben



Hermann Josef Schmitz




Und noch mal Ralf Rothmann, es wird nicht das letzte Buch von ihm sein, das ich lese.