Dienstag, 21. Mai 2024

Es ist

es ist ein großes fließen
in der luft und in den wassern
es ist ein großer ton
der alle anderen töne von sich drängt
es ist ein großes flehen
in den strichen heller landschaft
es ist ein großes
grün
in dem die schatten sich erwärmen



Hermann Josef Schmitz

Sonntag, 19. Mai 2024

Werden Tage kommen

werden tage kommen
an denen wir den vergessenen schnee
aus der erinnerung klauben
den dunklen schatten gewöhnung befehlen
wie einem zu zähmenden tier
werden tage kommen
an denen sich die alten ordnungen
nur noch archivieren lassen
den schrunden der vergangenheit werden wir nachtrauern
wie den unvergessenen menschen
werden tage kommen
die nie mehr zu festtagen werden können
verloren die blütenzeiten die wildnis der träume
eingezäumt die verhängnisse
die keine auswege mehr möglich machen
an tagen die kommen und bleiben werden



Hermann Josef Schmitz

Freitag, 17. Mai 2024

Dem trautest du

du trautest den wiederkehrenden regeln der natur
jenseits der ungenauen wettervoraussagen
war manchmal der geruch der luft
so entscheidend wie der flug der schwalben
nie sprachst du über die schönheit von kornblumen
(du nahmst ihren glanz in deine innenräume)
aber du konntest den reifegrad des weizens schmecken
du trautest den wiederkehrenden regeln der natur
wenn der sturm die felder vernarbte
zog sich dein ärger wie eine wundspur durch deine worte
nie vergaßst du die zeit in der bücher brannten
als nichts zählte als die anweisungen
eines strengen und ungerechten vaters
keine zeit blieb für eine wärmende anerkennung
du trautest den wiederkehrenden regeln der natur
den menschen hingegen öffnetest du selten deine seele



                                                                       für P.

Hermann Josef Schmitz


Ich wünsche Euch schöne und erfüllte Pfingsttage und den Blick für all das Schöne dieser Blütezeit.

Mittwoch, 15. Mai 2024

Ich meine dich

ich meine dich diesen einen menschen
mit dem ich ins neue jahr leben will
den glanz der vertrauten landschaften neu berühren
andere orte finden die etwas anderes sagen
ohne zu versuchen fragen zu stellen
an den meeren will ich mit dir salzluft atmen
den klang der wellen in den bergen finden
nächte verorten die auf der suche sind
ich meine dich diesen einen menschen
mit dem ich ins neue jahr leben will
den hindernissen lösungen anbieten
mich mit dir hinter unbekannte biegungen trauen
nächtelang immer wieder den einen traum hegen
zwischen leuchtenden kiefern ein geheimnis lüften
aber bleiben zwischen aufbruch und heimat
aber bleiben in der liebe die das leben verführt



                                                           für Annemarie

Hermann Josef Schmitz


Wir hatten gestern einen wunderbaren Tag in Einsiedeln und ich hinterlasse hier gerne ein paar Impressionen.









Montag, 13. Mai 2024

Solothurn

die kathedrale im rücken und das hotel de la couronne im edelsten glanz eines samstages im visier streiche ich beiläufig über deine fessel beschwingt und bereit für eine kleine unvernunft im alltag auf der bühne wie ein halboffenes verlies stürzt sich jemand in die worte zeichnet ein bereits wieder verblassendes foto und spricht von den hässlichen und stürzt uns in seine worte hinterlässt bilder ungefragt ungezeichnet schroffe wunden in den gedanken unbehandelt ausgang offen nur der fluss stellt sich gegen nichts die kathedrale in seinem rücken treiben seine wasser einzig in eine richtung kennen ihre fährte ihre widerstände mal treibt der wind die wellen stärker an und die widerstände stürzen ins nichts kann den moment stören kondensstreifen legen sich wie ein aussortierter atemzug ins blau niemand schaut hin beiläufig streife ich deine wange von den häusern wehen fensterklänge jemand lobt den tag und ich meine es ernst und liebe dich allen widerständen zum glück und liebe dich in die kommende zeit


Hermann Josef Schmitz

Samstag, 11. Mai 2024

Mai I

blütenlinien mohnplakate erwachendes grün am morgen schattenrisse verlorene zuneigungen und vereinzelt windnarben du gehst durch die tage zuversichtlich mit aufrechtem gang aufrechten worten und deiner bestimmung graswalme kornblumen blattverdichtungen in der mitte des tages unstimmigkeiten ärgernisse im gepäck eine kränkung die du nicht verantwortest kummertraufen versickernde worte schnittmengen geglätte furchen flüchtiges abendrot über den gipfeln risse eine entzündung die die drängenden antworten verändert die gleichklänge stört ein feines unbehagen zwischen den verpflichtungen aber ungebrochene flügel ein rahmenloses fenster ein goldener schnitt nachtschwingen und nachschwingungen aber über allem ein schattenriss


Hermann Josef Schmitz

Donnerstag, 9. Mai 2024

Es ist die eine Leichtigkeit

es ist die eine leichtigkeit
die dir an jedem tag im leben bleibt
die leichtigkeit aus wiesen feldern hellen himmeln
die jeder stunde etwas von der schwere nimmt
denn viel zu selten hat in diesem langen leben
die freude leichter tage eine überzahl gehabt


es ist die eine leichtigkeit
die sich erfüllt aus jenem frischen maiengrün
das jedes jahr erinnert an den tag
als du den ersten atemzug aufnahmst
die sich erfüllt in dieser anzahl heller stunden
gewärmt von einer luft voll zärtlichkeit


es ist die eine leichtigkeit
mit der du einer blauen blume traust
und das mit keinem einzigen widerspruch
in der dein blick ganz unbedenklich bleibt
in der die schatten ohne rolle sind
wenn regen spät in rispengräsern schläft


es ist die eine leichtigkeit
die dich inmitten aller endlichkeit begleitet
weil du den tagen ehrfurcht schenkst
und allem leben eine große liebe
die dich auch dann von ferner hand trägt
wenn bis zu allen horizonten alles schweigt


                                                                      
                                                                      
für H. zum 85. Geburtstag


Hermann Josef Schmitz