die kursverläufe haben keine pausen im
verhärteten tagesgeschrei lohnt sich der abstand von der ausgelaugten welt
nichts nährt dich mehr als die stille abseits der bildschirme der ungezählten
stimmungsaufheller aus überflüssigkeit nichts nährt dich mehr als der blick in
die schütteren kronen der bäume in ihr flüsterndes umarmen die analysen haben
längst die feierlichen tage versklavt und daneben grundwerte wegschweigen
straßenseiten wechseln verdunklungstaktiken entwickeln haltung und anstand
vergessen und die vorurteile in wohlklingende worte hüllen die ihnen die
schärfe aber nicht nehmen die performancekurven bestimmen den schlaf dabei wäre
etwas ganz anderes zu gestalten für frieden im kleinen einzustehen großzügig zu
werden und den eigenen verlust für ein geschenk in kauf zu nehmen zärtlichkeit
in die welt zu tragen ein offenes herz wagen das richtige sagen und lieben
aufrichtig lieben in allem
Hermann Josef Schmitz
Im letzten Quartal kam mein Lesen leider
etwas zu kurz. Das ändert sich im neuen Jahr auf jeden Fall. Aber kurz vor
Jahresende stelle ich nochmal 5 gelesene Bücher vor:
«Krummes Holz» von Julja Linhof
Jirka und Malene – zwei Geschwister in all ihrer verwundeten
Vergangenheit begegnen sich nach 5 Jahren wieder. Jirka kehrt vom Internat
zurück auf den heruntergekommenen Hof der Familie. Vieles hat sich verändert,
vieles ist gleich geblieben. Und in all der Vergangenheit aus Düsternis,
Verletzungen, Misshandlungen und dunklen Geheimnissen suchen beide nach Liebe
und glücklichen Tagen. Jeder aus seiner Perspektive, jeder mit seinem Trauma.
Anspruchsvoll, bedrückend, flirrend vor Sommer und kaum am Stück zu lesen.
«Unheilvolles Lançon» von Cay Rademacher
Zwischendrin mag ich die Krimis aus der Provence von Cay Rademacher.
Jeder ist für sich gut lesbar, ich wollte nicht alle 13 Bände lesen. Roger
Blanc, der Capitaine, ermittelt hier wieder auf seine Art und Weise. Der Krimi
spielt in einem Weingut. Eine Drohne filmt eher zufällig eine Frau, die leblos
in den Reben liegt. Als der Capitaine das Weingut erreicht, ist die Unbekannte
spurlos verschwunden. Daraus entwickelt sich dann um die Winzerfamilie ein sehr
spannender Plot.
«Das Licht in den
Birken» von Romy Fölck
Zwischendrin benötigt es Romane für das gute Gefühl. Gerade in Zeiten,
die mehr fordern als schenken. Deswegen mochte ich «Das Licht in den Birken» im
November auch. Es geht um eine Gemeinschaft von 3 Menschen (dem Inhaber eines
Gnadenhofes und zwei Gästen seiner Ferienwohnungen), die jeder ein Päckchen zu
tragen haben. Nicht immer eindeutig, aber der Roman erfreut einen daran, dass
die Haltung von Menschen viel Kraft haben kann, etwas voranzubringen.
«Mitternachtsschwimmer» von Roisin Maguire
Eines der Bücher in diesem Jahr, die für mich herausragen. In einem
irischen Küstendorf treffen verschiedene Menschen mit ihren Geschichten
aufeinander und müssen sich – am Beginn der Pandemie – neu finden und
entdecken. Das gelingt mitunter gar nicht so gut, weil jeder von ihnen in
seiner Geschichte gefangen ist. Aber über 350 Seiten entwickelt sich vor allem
die Beziehung zwischen Grace, einer nach außen ruppigen und wortbitteren Frau,
und Evan, einem Städter mit einer sehr traurigen Gegenwart.
«Der Einfluss der Fasane» von Antje Rávik Strubel
Als sich der Ehemann einer berühmten deutschen Opernsängerin vor der
herrlichen Kulisse der Sydney Opera das Leben nimmt, gerät eine Journalistin
ins Visier der Medien. Ihr kurz vorher erschienener sehr kritischer Artikel
über den jetzt Verstorbenen soll der Auslöser gewesen sein. Sie wird
freigestellt, verliert ihre kollegialen Beziehungen und insgesamt ihren Halt.
Und die Wahrheit ist aber eine andere, dass weiß sie und kämpft bis zum Schluss
um ihre Reputation.
Starker Roman mit unerwartetem Ende.