Sonntag, 28. Dezember 2025

Dezember II

die kursverläufe haben keine pausen im verhärteten tagesgeschrei lohnt sich der abstand von der ausgelaugten welt nichts nährt dich mehr als die stille abseits der bildschirme der ungezählten stimmungsaufheller aus überflüssigkeit nichts nährt dich mehr als der blick in die schütteren kronen der bäume in ihr flüsterndes umarmen die analysen haben längst die feierlichen tage versklavt und daneben grundwerte wegschweigen straßenseiten wechseln verdunklungstaktiken entwickeln haltung und anstand vergessen und die vorurteile in wohlklingende worte hüllen die ihnen die schärfe aber nicht nehmen die performancekurven bestimmen den schlaf dabei wäre etwas ganz anderes zu gestalten für frieden im kleinen einzustehen großzügig zu werden und den eigenen verlust für ein geschenk in kauf zu nehmen zärtlichkeit in die welt zu tragen ein offenes herz wagen das richtige sagen und lieben aufrichtig lieben in allem


Hermann Josef Schmitz



Im letzten Quartal kam mein Lesen leider etwas zu kurz. Das ändert sich im neuen Jahr auf jeden Fall. Aber kurz vor Jahresende stelle ich nochmal 5 gelesene Bücher vor:

«Krummes Holz» von Julja Linhof

Jirka und Malene – zwei Geschwister in all ihrer verwundeten Vergangenheit begegnen sich nach 5 Jahren wieder. Jirka kehrt vom Internat zurück auf den heruntergekommenen Hof der Familie. Vieles hat sich verändert, vieles ist gleich geblieben. Und in all der Vergangenheit aus Düsternis, Verletzungen, Misshandlungen und dunklen Geheimnissen suchen beide nach Liebe und glücklichen Tagen. Jeder aus seiner Perspektive, jeder mit seinem Trauma.
Anspruchsvoll, bedrückend, flirrend vor Sommer und kaum am Stück zu lesen.


«Unheilvolles Lançon» von Cay Rademacher

Zwischendrin mag ich die Krimis aus der Provence von Cay Rademacher. Jeder ist für sich gut lesbar, ich wollte nicht alle 13 Bände lesen. Roger Blanc, der Capitaine, ermittelt hier wieder auf seine Art und Weise. Der Krimi spielt in einem Weingut. Eine Drohne filmt eher zufällig eine Frau, die leblos in den Reben liegt. Als der Capitaine das Weingut erreicht, ist die Unbekannte spurlos verschwunden. Daraus entwickelt sich dann um die Winzerfamilie ein sehr spannender Plot.


«Das Licht in den Birken» von Romy Fölck

Zwischendrin benötigt es Romane für das gute Gefühl. Gerade in Zeiten, die mehr fordern als schenken. Deswegen mochte ich «Das Licht in den Birken» im November auch. Es geht um eine Gemeinschaft von 3 Menschen (dem Inhaber eines Gnadenhofes und zwei Gästen seiner Ferienwohnungen), die jeder ein Päckchen zu tragen haben. Nicht immer eindeutig, aber der Roman erfreut einen daran, dass die Haltung von Menschen viel Kraft haben kann, etwas voranzubringen.


«Mitternachtsschwimmer» von Roisin Maguire

Eines der Bücher in diesem Jahr, die für mich herausragen. In einem irischen Küstendorf treffen verschiedene Menschen mit ihren Geschichten aufeinander und müssen sich – am Beginn der Pandemie – neu finden und entdecken. Das gelingt mitunter gar nicht so gut, weil jeder von ihnen in seiner Geschichte gefangen ist. Aber über 350 Seiten entwickelt sich vor allem die Beziehung zwischen Grace, einer nach außen ruppigen und wortbitteren Frau, und Evan, einem Städter mit einer sehr traurigen Gegenwart.


«Der Einfluss der Fasane» von Antje Rávik Strubel

Als sich der Ehemann einer berühmten deutschen Opernsängerin vor der herrlichen Kulisse der Sydney Opera das Leben nimmt, gerät eine Journalistin ins Visier der Medien. Ihr kurz vorher erschienener sehr kritischer Artikel über den jetzt Verstorbenen soll der Auslöser gewesen sein. Sie wird freigestellt, verliert ihre kollegialen Beziehungen und insgesamt ihren Halt. Und die Wahrheit ist aber eine andere, dass weiß sie und kämpft bis zum Schluss um ihre Reputation.
Starker Roman mit unerwartetem Ende.