Freitag, 19. April 2024

An sich glaubend

unerwartet fiel schnee
und entwürdigte das blühen
stürzte die apfelbäume
an den rand des vergehens
sie waren schon lange
vor nichts mehr sicher
aber sie blieben glaubhaft
dass auch der nächste frühling
sie wieder erblühen ließe
allen späten schneefällen zum trotz
allen schändungen der menschen
unverändert widerstehend
an sich glaubend
und an das eigene blühen



Hermann Josef Schmitz



Wenn's draußen schon kalt ist und Schnee hat, soll das Wochenende viel Wärme in allem anderen haben.

Mittwoch, 17. April 2024

Sonntag im April, abends

das dunkle grün
der schnurgeraden wasserläufe
begleitet mich geheimnisvoll
und ins geläut der abendvögel
mischt sich im inneren
ein rauer ton entkommener musik
der wald nimmt meine schritte
in seine weichen böden auf
und hält im dämmerlicht den klang
des widerspruches hoffnungsvoll



Hermann Josef Schmitz

Montag, 15. April 2024

April I

stille nachtmeere inverse luftströme temporär verschwundenes blau hinter den fenstern tragen die einen kränkungen als botschaften in das andere herz während die anderen schweigen das ist ein vielfaches schlimmer lädierte umgangsformen abgehängte seelen bittere erkenntnisse hinter den glücklichen fassaden verschieben sich die gewissheiten menschen lassen sich blenden wahrheiten haben sich verändert die widerstände sind müde geworden träumende zahlen polierte hochsitze verlorene augenhöhen hinter den randbemerkungen lassen sie menschen fallen werden falsche versprechungen zum offenen geheimnis entweihen sie herzräume um platz für ihre gewinne zu schaffen laute nachtschleusen parlierende sterne in den wäldern bruchholz


Hermann Josef Schmitz

Samstag, 13. April 2024

Das schönste Versprechen

brüchiges gelb der aufgehenden rapsfelder
an den abbruchkanten des winters
wachsen schimmernd schön grüne spitzen
dir aus dunkler rauher erde
sehnsucht weitet sich an haltestellen
während die atemwege verschatten
machen sie dich zum aktenzeichen
einer ungenauen diagnose
zwischenstationen keine landefähren in sicht
aber das wiederkehrende schönste versprechen
einer zeit die frühling heißt und so betört



Hermann Josef Schmitz


Es wird mal wieder Zeit, gelesene Bücher vorzustellen:

«Sommer bei Nacht» von Jan Costin Wagner

Jan Costin Wagner schreibt anders, tiefgründiger, einfühlsamer und gleichzeitig abgründiger. Hier geht es um das Verschwinden eines 5-jährigen Jungen, den seine Mutter nur momentlang aus dem Blick hatte. Die beiden Ermittler stoßen auf ihrer Suche auf einen ungelösten Fall eines anderen vermissten Jungen. Wagner verknüpft den Missbrauch mit weiteren brisanten Themen und teilweise sehr tiefen Ängsten. Ich habe vor einer Weile schon mal einen Krimi um einen finnischen Kommissar von ihm gelesen und bin gespannt auf weitere Krimis mit dem Ermittlerduo dieses Buches.


«Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse» von Maxim Leo

Was für ein wunderbarer Roman um einen erfolglosen Videothekenbesitzer, der angefeuert von der Sensationsgier eines Journalisten zum Hochstapler wird. Auf einem Fehler basierend, hatte er als Stellwerksmeister einen Zug fehlgeleitet und damit 127 Menschen ungewollt zur Flucht verholfen (die aber dann mehrheitlich freiwillig zurückkehrten). Ein Journalist entdeckt den Fall in den Stasiakten und dann gibt es kein Zurück mehr. Bis der Protagonist sich in eine Frau verliebt, die in dem fehlgeleiteten Zug saß und sich entscheiden muss. Tolles Buch, rasant, humorvoll und mit einem Ende, das hier nicht verraten wird
😉.


«Die Nacht unterm Schnee»
von Ralf Rothmann

Was für ein weiteres starkes Buch von Ralf Rothmann über die Nachkriegszeit und die Verletzungen, die sich in vielen Figuren widerspiegeln. Vor allem aber in der Hauptperson, der Bäuerin Elisabeth, die im Krieg vergewaltigt und verwundet wurde und dieses Trauma nie wirklich verliert. Lebenslang lebt sie zwischen harter Arbeit gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Kindern und den Vergnügungen des Rummels und kommt weder da noch dort an. Einmal mehr macht dieser Roman deutlich, dass die Gräuel eines Krieges nicht verschwinden, sondern je nach Erleben bitterste und schwerste Wunden hinterlassen.


«In den Wäldern der Biber» von Franziska Fischer

Ein entspannter und ruhiger Roman, der einen gut aus dem Alltag ziehen kann, aber für mich auch in einer absehbaren Durchschnittlichkeit blieb. Die Hauptperson, Anfang 30, zieht nach dem Bruch ihres bürgerlichen Lebens in Frankfurt zunächst vorübergehend zu ihrem Großvater in ein kleines brandenburgisches Dorf. Zwischen Hühnern, Gartenernte, Wäldern und Biber findet sie sich, löst ihre Vergangenheit Schicht für Schicht auf und verliebt sich.