Mittwoch, 20. November 2024

Volkstrauertag

schwarze vögel stolpern von den leitplanken
der sonntag ist schmerzlich in all seinem gedenken
ich hätte dich gerne kennengelernt
wenn sie dich nicht genommen hätten

die letzten zugvögel sammeln sich auf schwarzen linien
sie teilen die pläne die haltestellen das flussgeziefer
im stillen trage ich ihnen auf
an deinem stein mitten auf einer insel
eine unbekannte umarmung zu hinterlassen
einen flügelschlag wie einen gruß
ich hätte dich so gerne kennengelernt
wenn sie dich nicht genommen hätten

auf den leeren feldern wohnen in der tiefe
der wachsenden zeit die blühenden halme
während in der ferne die maschinen alles zerstören
dem leben keine bedeutung geben
während die narzissten geschäftemacher und kriegstreiber
ihre pläne der schändung schon längst bereit halten
ich hätte dich so gerne kennengelernt
wenn sie dich im leben gelassen hätten



                                                                       für Q. (01.09.1897 – 03.10.1945)


Hermann Josef Schmitz


Montag, 18. November 2024

Wüstenrot

zum ersten mal siehst du die schneeträchtigen wolken in der luft flüstern die kommenden winterzweige im hellen licht eines raumes werden sich menschen gewahr legen etwas von ihren verborgenen herzen frei atmen in eine ungeahnte wahrheit trauen dem schutz den sie sich gegenseitig auf brüchigem eis versprochen haben und langsam über die stunden hinweg beginnt etwas näher zu kommen nährt sich hoffnung mut und werden fragen zur klärung zum ersten mal siehst du die schneeträchtigen wolken das eis wird fester und birgt eine sicherheit die dämmerung hat sich ein tagesticket gekauft aber ihre ernsthaftigkeit beschützt die gespräche der menschen auf ihrem weg worte reihen sich aneinander zwischen allem lachen in den gängen stehen fragen im raum wechseln die perspektiven werden zu neuen fragen dann entstehen bilder gleichnisse geschichten eine stunde macht einen vorwärtssprung antworten werden zu einem festgehaltenen siegel aus zustimmung reiht sich an zustimmung wird zum einverständnis und der tag geht ins dunkel mit hell gewordenen herzen erkenntnissen und einer liebgewonnenen zeit der zuneigung dann liegt eine stille freude in den abschieden zum ersten mal siehst du die schneeträchtigen wolken in der luft


Hermann Josef Schmitz

Samstag, 16. November 2024

Sinn

wenn sie dich fragen
lohnt sich denn das
was du tust
dann fragen sie dich eigentlich
wieviel ruhm ehre erfolg geld
du aus dem ziehst
was du tust
aber sie verstehen nicht
dass es sich einfach immer lohnt
nur für sich selbst
glücklich zu sein mit dem
was du tust



Hermann Josef Schmitz

Donnerstag, 14. November 2024

Deine Umarmung der Welt

knospender herbst
in der blauen schneise
spiegeln fenster den tag
noch flammen die blätter
unaufhörlich ihre erinnerungen
die zeit drängt auf entscheidungen
aber ich lasse den weißen herzschlag
zwischen zwei gedichtzeilen
in denen ich dich liebe
deine leise aufrichtigkeit
und deine umarmung der welt



Hermann Josef Schmitz

Dienstag, 12. November 2024

Dunkle Zeiten

es sind nicht
die dunklen schattentage
aus deren nähten
alle farben drängen
es sind die dunklen zeiten
in denen menschen leben wollen
im feuerwerk
aus lüge und bedrohung



Hermann Josef Schmitz

Sonntag, 10. November 2024

November II

leben und lieben im leuchten und verblühen nicht nachlassen lichtschneisen in die gedanken zu legen und gleichzeitig denken den schwierigkeiten der großen und kleinen welten nicht ausweichen aber auch nicht allem die stirn bieten gleichzeitig fühlen teppiche lüften um den zorn das unverständnis ins licht zu holen und dennoch menschen umarmen jenseits der überschwemmenden zuwendungen gleichzeitig leben zwischen der aufgebrochenen erde und dem letzten schimmer im verbrannten sonnenblumenfeld aber immer eindeutig lieben von der herzgegend her staunend bleiben ohne bedingungen und unbekümmert nicht nachlassen in der zärtlichkeit den liebevollen zuwendungen aufreißerischen worten die lautstärke entziehen das nebenfach angst aus den stundenplänen streichen nachhilfe verschenken im hinhören wachbleiben differenzieren und immer eindeutig lieben ohne erwartung ohne verrechnung aber sich selbst dabei nicht aufgeben zweiseitig lieben erst sich selbst und dann jene die dir am herzen liegen und die gesänge des flusses den wind in den bäumen die weite des himmels


Hermann Josef Schmitz

Freitag, 8. November 2024

November I

den grauen gedanken fluchttüren anbieten
wenn die nebelschatten schwergewichtig
den blick versperren und alle horizonte schließen
worte sammeln die ermutigung bergen
wenn die schritte ins leere führen
und der tag ein einziges dämmern bleibt
den erfüllenden herzschlag nähren



Hermann Josef Schmitz



Ich wünsche Euch viel Wärme in dieser so kaltgewordenen Zeit und ein gutes berührendes Wochenende.

Mittwoch, 6. November 2024

Novembergarten

noch einmal nimmst du
die letzten schwarzverbrannten halme
zärtlich in deine warmen hände
legst ein versprechen ohne worte fest in sie
dass neue blüten folgen aus den gleichen wurzeln
dann folgt ein sanfter schnitt ein letzter hauch
und im verlassen ein stiller dank von dir



                                                           für Annemarie

Hermann Josef Schmitz

Montag, 4. November 2024

Hochdorf

der erste ton geht in die halle
und nimmt mich mit
in eine unbeschwerte zeit
die doch so eingeklemmt war
in moral in religion und ungewissheit
das erste lied geht in den kopf
und nimmt mich mit
in jugendtage die ich heute anders sehe
und doch momentelang noch einmal dort sein wollte
ein erstes klatschen wächst in meinen bauch
der sänger auf der bühne beschwört gefühle
die ich in jenen tagen lange nicht zu ende brachte
holt schattenseiten drohgebärden dieser zeit ans licht
und tilgt sie dann mit einem einzigen gitarrenklang



Hermann Josef Schmitz


Großartiges warm up-Konzert der Lieblinxkapelle am 1. November in Hochdorf. Eine komplette Tour mit den Songs von 1982/1983 – was für ein Geschenk.


Samstag, 2. November 2024

Bemühen

um die sonnenseiten
will ich mich bemühen
wenn das dunkle grau
in die buchseiten drängt



Hermann Josef Schmitz

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Die andere Dunkelheit

die wilden lichtungen
hegen kein verlangen
sie haben eine unbedingte freude
sich den strömungen hinzugeben
licht und schatten
regen und wind
den jahreszeiten
im erblühen und verblühen
mit einem unverständlichen blick
auf die zerstörung
die wilden lichtungen
wissen um die andere dunkelheit


Hermann Josef Schmitz

Dienstag, 29. Oktober 2024

Jetzt leuchten die Bäume wie Kirchenfenster

jetzt leuchten die bäume wie kirchenfenster
und das sonnenlaub füllt den raum
mit seinen tönen vom werden und vergehen
die stille betört zwischen den schatten
die aus den seitenschiffen fallen
lichtungen öffnen sich werden zu altären
und aus der sehnsucht erwachsen dankesworte
jetzt leuchten die bäume wie kirchenfenster
und wärmen unter dem himmel die haltenden hände



Hermann Josef Schmitz