Sonntag, 24. Februar 2019

Einhundertvierundvierzig

schon lange liest du keine zeitung mehr
die briefe werden kürzer die du schreibst
und langsam bewegt die hand sich in der angst
an deinem letzten ankunftsort
mit einem stillen tisch und einem müden atembett


schon lange liest du keine zeitung mehr
die wahrheit ist so wie du sie erzählst
die welt geht hinter einem langen fluss entlang
vor einer ungenauen dunkelheit
in einem entwurzelten raum und einem leeren alphabet


schon lange liest du keine zeitung mehr
die vergangenheit hat in dir eine kolonie eingerichtet
das bleibt als einzig sichere geborgenheit
vor einer unbekannten kreuzung
in einem kleid aus dünner haut und einem müden herz



Hermann Josef Schmitz