Dienstag, 22. März 2022

Häuten

ich sitze am fenster
blüht der duftschneeball
seine rosahellen blüten
wachsen in ihre bestimmung
zu leuchten zu berühren
im kreislauf des lebens zu bleiben
dieser moment sucht nicht
nach dem dringlichen
dem notwendigen
dem verlorenen
dieser moment wird eine insel
zwischen den schlagzeilen
und sein blühen wird zu meinem blühen
denn in all dem dringlichen
dem notwendigen
dem verlorenen
brauche ich die leuchtkraft
der stille der worte der hände
um mein inneres seufzen zu halten
am fenster schreibt die luft
flüchtige und fliehende zeilen
ein gebet aus wolken und tränen
und während die tage
dem verfall geweiht scheinen
und sich menschen gleichzeitig
viel zu schnell aus der betroffenheit lösen
sich an den verlust gewöhnen
müssen wir uns täglich häuten
um die verzweiflung dieser zeit zu tragen
und den verlust die lüge ihre trümmer
nie ins unsichtbare wachsen lassen



Hermann Josef Schmitz