Sonntag, 31. Dezember 2023

Im Unbeständigen verwurzeln

I

wenn ich flüchtig blieb
legtest du deine wurzeln tief an
wurde dein schmerz unbändig
drosselte ich seinen schritt
immer gabst du den tagen
einen eigenen glanz
immer fand sich ein wort
zur richtigen gelegenheit
und wenn es zeit war zu schweigen
schwiegen wir demütig
legten dankbarkeit
in die tage deren himmel
das einzig beständige waren



II

für die wartezimmer des lebens
opferten wir keine zeit
lieber sprachen wir mit bäumen
flüsterten mit den ufern im gleichklang
wurden zu reisenden
und waren uns größte heimat
in dieser unbeständigkeit
denn wir liebten und verführten uns
ließen uns ein in die strömung
und überließen uns an manchen tagen
mit steigendem herzschlag
der unsicherheit
 


III

unser schönstes versprechen
lagerten wir in augen händen und haut
unser schönstes versprechen
enthielt sich verschwiegen der worte



                                                                                   für Annemarie
                                                                                   in der ich Heimat gefunden habe


Hermann Josef Schmitz


«Die Zukunft benötigt das Ungewohnte» - das ist der auf den ersten Blick gar nicht so stimmige Beginn meines kleinen Jahresrückblicks. Der traditionell mit einem Liebesgedicht an meine Herzdame startet, die mir auch in 2023 Heimathafen war und ist und die immer einen Ankerplatz für mein Herz und meine Seele hat. Gerade in diesen so unruhigen Zeiten – im Kleinen wie im Großen – ist das für mich ganz ganz wertvoll.

Meine persönliche Waage schwankt auch 2023 mit dem Blick auf die letzten 12 Monate. Ob es nochmal gelingt, die geliehene Erde in ein gutes Fahrwasser zu bringen? Ob es gelingt, dass wertschätzende, sorgfältige, empathische und kluge Menschen Raum zum Entscheiden bekommen und ihnen die Übernahme von Verantwortung gegeben wird? Ob es gelingt zu verzichten? Gerade dort, wo es so vieles im Überfluss gibt – nämlich hier? Ob es gelingt, den Räudigen, Hassenden, Tötenden Einhalt zu gebieten? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, wie viele Gelegenheiten es im Kleinen gibt, wie viele Möglichkeiten ich in meinem Umfeld habe. Darauf will ich 2024 nochmal mehr schauen, will besser hinschauen, großzügiger, wertschätzender, liebender sein als in der zurückliegenden Zeit. Und für mich schauen, wo ich bereit bin für das Ungewohnte.
Auf der anderen Seite meiner Waage trägt mich der Blick für das Schöne, die Natur, das Gute in anderen, die Erfahrung, wenn ich etwas in Bewegung bringen kann, wenn etwas gelingt, wenn sich Worte berührend auf den Weg machen. Auf der anderen Seite der Waage gibt es auch viele herzenswarme Begegnungen mit Menschen, die mir und uns nahe sind, die etwas in uns anrühren, was alles Kurzzeitige überdauert. Und es gab Menschen, die mich im März gerettet haben und das schätze ich so sehr.

Das Jahr 2023 ist für uns insgesamt erlebnisreich gewesen, es gab viel Schönes, das
«SOMMERLEUCHTEN» im Oeschberg gehört ebenso dazu wie Tage im Sommer und Herbst auf Usedom bzw. Korsika. Tage, die uns heilten, die uns stärkten und die uns einfach gutgetan haben. Tage, die es verdient haben, auch in 2024 Platz zu bekommen. Die Bundesgartenschau in Mannheim gehört ebenso dazu wie der Besuch der Hocjney-Ausstellung im Würth-Museum. Und dann gab’s eine ganze Menge toller Konzerte, die im Blogpost vom 30. Dezember erwähnt sind. 2024 wird das weitergehen, wir haben schon wieder einige Karten und noch längst ist nicht alles veröffentlicht. 2024 wird es auch wieder ein «SOMMERLEUCHTEN» geben, am 17. und 18. August 2024.
Beruflich war es nochmal ein besonderes Jahr, eine große Anzahl von Teamentwicklungsmaßnahmen durfte ich moderieren, viele Einzelcoachings kamen dazu und gleichzeitig der Blick auf das endende Berufsleben im Sommer 2024. Ich bin gespannt, wie das werden wird, ich freue mich unbändig darauf, ab dem Sommer 2024 ganz in der Schweiz wohnen zu können und mich Neuem zu stellen.

Im letzten Jahr gab es auch wieder neue gedruckte Poesie, 3 kleinere Bände im quadratischen Format. Es schreibt sich unverändert weiter, die Lust an den Worten bleibt. Und im 4-Jahres-Rhythmus startet morgen wieder ein 366-Tage-Blog: https://imgartenderzeitbliebichundwuchs.blogspot.com/
Schallplatten will ich im neuen Jahr wieder mehr hören, das blieb bisschen auf der Strecke. Dafür wurde das tägliche Gehen (2,7 Mio Schritte und etwa 360.000 mehr als 2022) und das Training bei Kieser zu einer guten Erfahrung und vor allem auch einer Stärkung des Rückens. Was ich anfangs nicht gedacht hatte, kam aber dann doch: Auch Gehen inspiriert mich zum Schreiben
😊

Wir stehen vor dem Beginn von 2024 – und es bleibt noch ungenauer und fragiler als vor einem Jahr. Aber wir selbst entscheiden, wieviel Stabilität wir immer wieder in uns schaffen, wieviel Energie wir für Gutes und Schlechtes verwenden, wieviel wir davon an uns heranlassen und mit welcher Haltung wir jeden neuen Tag beginnen. Für mich bleibt die Beziehung zu meiner Herzdame das schönste und liebevollste Fundament – weil es uns beide trägt, weil wir gut zueinander schauen und in der Liebe geborgen sind.

Allen, die hier lesen danke ich immer wieder von Herzen dafür. Ich danke Euch für Eure Treue und das Einlassen auf die Worte. Ich wünsche Euch einen guten und hoffentlich gesunden Jahresabschluss, eine wagende, zuversichtliche, behütete, mutige und auch verführerische Reise ins neue Jahr. Lasst Euch auf neue Räume ein, gebt dem Ungewohnten Chancen, verlasst ab und zu das Vertraute. Und schaut gut zu denen, die es gerade nicht guthaben, zündet vor allem im übertragenen Sinne Lichter an, bleibt gesund und vor allem: bleibt in der Liebe.

Ganz herzliche Grüße von

Hermann Josef Schmitz