Freitag, 29. Dezember 2023

Umarmung

I

wenn du von der zeit deiner kindheit sprachst
erinnere ich mich an die fehlenden möglichkeiten
zwischen den du aufgewachsen sein musst
an das licht der petroleumlampe
erinnere ich mich an die fehlende zärtlichkeit
und an die versäumnisse die du nie verzeihen konntest
am ende als alles still geworden war
wärmte der himmel ende dezember
die verlorene zeit verbarg sich hinter der gegenwart
der schmerz wurde zu einer umarmung
und aus den leeren ställen blühte ein letztes mal
ein sommer gefüllt vom geruch trockenen grases
nur für die schwalben würde sich lange nichts ändern
aus dem süden kommend würden sie den alten nestern
einen neuen glanz verleihen die katze würde sie erkennen
aber auch sie würde zu müde zum jagen geworden sein



II

du befahlst der zeit die strenge
die du dir selbst auferlegt hattest
zu selten blieb die stunde
der geborgenheit im warmen schatten
unter dem kirschbaum
zu selten blieb die langeweile
mitten im tag mitten im leben



III

längst habe ich mich
aus der strenge der nichtumarmung gelöst




                                                                      
                       für P. († 29.12.2008)

Hermann Josef Schmitz